Arbeitszeugnis Formulierungen: Alle Geheimcodes auf einen Blick

von Stefan Hofer

Die Arbeitszeugnis-Formulierungen gelten als Begriffs-Dschungel der Berufswelt. Aussagen, wie „zur vollen Zufriedenheit“ oder „war sehr interessiert“ klingen im ersten Moment auch durchwegs positiv. Doch sind sie es auch? Wir klären auf.

Wohlwollend soll das Arbeitszeugnis in seinen Formulierungen sein. Dies soll den Arbeitnehmer vor zu harscher Kritik bei der Bewertung seiner Arbeitsleistung schützen. Der Arbeitgeber kann so dem scheidenden Mitarbeiter beruflich keine Steine in den Weg legen. Zumindest in der Theorie – denn im Arbeitsleben hat sich eine Art Geheimsprache entwickelt, mit der sich dennoch Kritik üben lässt.

In diesem Beitrag erfahren Sie mehr über die Themen:

  • Qualifiziertes Arbeitszeugnis vs. einfaches Arbeitszeugnis
  • Vermeintlich positive Formulierungen
  • Noten im Arbeitszeugnis

Einfaches Arbeitszeugnis vs. qualifiziertes Arbeitszeugnis

Grundsätzlich gibt es zwei Formen. Es lässt sich zwischen einem einfachen und qualifizierten Arbeitszeugnis unterscheiden.

Einfaches Arbeitszeugnis

Beim einfachen Arbeitszeugnis muss mindestens eine Angabe zur Art und Dauer der Tätigkeit genannt werden. Hierbei handelt es sich aber um wertfreie Tatsachen, weshalb darin Beurteilungen seitens der Unternehmensleitung nicht enthalten sind. Das Dokument dient vorrangig zur lückenlosen Darstellung des beruflichen Werdegangs.

Oft wird davon ausgegangen, dass das Fehlen der Bewertungen mit einer entsprechend negativen Zusammenarbeit zusammenhängen könnte. Es ist also selbst bei einer kurzen Beschäftigung ratsam, auf ein qualifiziertes Zeugnis zu bestehen. Der Arbeitnehmer hat ein Wahlrecht, ob er sich für ein einfaches oder qualifiziertes Arbeitszeugnis entscheidet.

Qualifiziertes Arbeitszeugnis

Ein qualifiziertes Arbeitszeugnis muss Formulierungen zu Angaben zur Art und Dauer der Tätigkeit und auch eine Leistungs- und Verhaltensbeurteilung beinhalten. Dabei muss der gesamte Beschäftigungszeitraum betrachtet werden.

Ein Arbeitszeugnis muss neben dem Wohlwollen auch wahr und vollständig sein. Damit soll der Arbeitgeber den Mitarbeiter richtig und vor allem in allen wichtigen Punkten einschätzen – und das lückenlos. In einem Arbeitszeugnis wird Kritik nicht offen, sondern versteckt kommuniziert. So hat sich eine Geheimsprache im Berufsleben entwickelt, die wir nun dekodieren wollen.

Vermeintlich positive Arbeitszeugnis Formulierungen

Zuerst sehen wir uns Formulierungen im Arbeitszeugnis an, die vermeintlich positiv sind. Doch die Realität sind oftmals anders aus.

Wortlaut im Arbeitszeugnis Tatsächliche Bedeutung
Frau Bewerber zeigte für ihre Arbeit ein großes Interesse. Diese Aussage unterstreicht zwar das Engagement, jedoch nicht den Erfolg.
Wir wünschen Frau Bewerber weiterhin alles Gute, insbesondere Erfolg. Diese Aussage offenbart, dass der Erfolg beim bisherigen Unternehmen nicht unbedingt vorhanden war.
Alle Aufgaben, die Herrn Bewerber übertragen wurden, hat er zu unserer Zufriedenheit erledigt. Der Mitarbeiter zeigt keine Eigeninitiative und hat lediglich unter Anweisung der Vorgesetzten seine Aufgaben erledigt.
Herr Bewerber verfügt über eine große Fachkompetenz und ein gesundes Selbstvertrauen. Hier wird dem Mitarbeiter zwar eine fachliche Kompetenz zuteil gemacht, allerdings auch eine gewisse Arroganz oder mangelnde Selbsteinschätzung unterstellt.
Herr Bewerber hat eine erfrischende Art im Umgang mit Vorgesetzten und Kollegen. Der Ton, den der Bewerber im Umgang mit den im Unternehmen zuständigen Personen an den Tag legte, passte nicht zur Unternehmenskultur.
Frau Bewerber war willensstark und stand stets zu ihrer Meinung. Damit wird dem Mitarbeiter unterstellt, dass dieser nicht kritikfähig ist.
Herr Bewerber hat seine Aufgaben voller Fleiß und mit großen Interesse erledigt. Das Kriterium des Erfolges fehlt und scheint daher nicht gegeben zu sein.
Die Geselligkeit von Frau Bewerber hat das Betriebsklima verbessert. Der Mitarbeiter kam bei den Kollegen gut an, neigt aber zu Undiszipliniertheit.

Noten im Arbeitszeugnis

Ein Indiz, das Auskunft darüber gibt, wie gut ein Mitarbeiter von seinem Arbeitgeber bewertet wurde, sind Wörter wie „stets“, „zur vollsten“ oder „insgesamt“. Hinter diesen Begriffen verstecken sich meist Geheimcodes, die dem Leser des Arbeitszeugnisses eine Schulnote mitteilen. Diese Noten können Sie folgendermaßen herauslesen.

Allgemeine Formulierungen

Note Formulierungen
1 zur vollsten, größten, außerordentlichsten Zufriedenheit
2 zur vollsten / stets zur vollen Zufriedenheit
3 zur vollen Zufriedenheit / stets zur Zufriedenheit
4 zur Zufriedenheit
5 insgesamt / im Großen und Ganzen zur Zufriedenheit
6 Der Mitarbeiter war bemüht

Wörter, wie „zur größten“ oder „zur vollsten“ können nicht gesteigert werden und sind daher als bestmögliches Bewertungskriterium zu werten. Sollte in dieser Formulierung im Arbeitszeugnis der zeitliche Aspekt fehlen, dann war der Aussteller des Dokuments wohl nicht über den gesamten Zeitraum mit der Arbeitsleistung zufrieden. Gut ist daher das Wort „immer“

Im gesamten Arbeitszeugnis finden sich noch weitere versteckte Formulierungen wieder. Wir dekodieren die Geheim-Codes in den nachfolgenden Tabellen für Sie.

Formulierungen zum Verhalten

Schulnote Formulierungen
1 Herr Bewerber absolvierte seine Aufgaben immer eigenständig und mit größter Sorgfalt.
2 Über die gesamte Beschäftigungsdauer erwies sich Frau Bewerber immer als sehr kompetente und zuverlässige Mitarbeiterin.
3 Herr Bewerbers Umgang mit dem Kollegium und Führungskräften war stets zu unserer Zufriedenheit.
4 Die Fachkenntnisse von Frau Bewerber waren den Anforderungen an die Position angemessen.
5 Herr Bewerber versuchte alle Ziele und Erwartungen zu erfüllen.

Die Note 1 wird hervorgehoben durch die Wörter „immer“ und „größter“, die nicht zu steigern sind. Bei der Note 2 sind „sehr kompetente und zuverlässige“ hingegen komparierbar. Die Note 5 wird durch das Verb „versuchte“ ersichtlich. Der Versuch von etwas ist immer mit der Möglichkeit des Scheiterns verbunden.

Abschlussformulierung im Arbeitszeugnis

Auch die Art und Weise, wie sich der Arbeitgeber vom Mitarbeiter verabschiedet, gibt Auskünfte über die Benotung. So ergeben sich die Noten durch die Arbeitszeugnis-Formulierungen.

Schulnote Abschlussformulierung
1 Wir bedauern sehr, dass Herr/Frau Bewerber das Unternehmen verlässt und bedanken uns für die stets hervorragende Zusammenarbeit und Leistungen.
2 Der Abschied von Herrn Bewerber fällt dem Kollegium schwer. Wir verlieren einen kompetenten, beliebten und stets erfolgreichen Mitarbeiter.
3 Wir bedauern den Verlust eines sehr zielstrebigen und bemühten Mitarbeiters.
4 Wir danken für seine/ihre Leistungen.
5 Mit besten Grüßen

Sollten Dankesworte und Wünsche für die Zukunft fehlen, wird dies immer als negativ angesehen und ist mit der Note 5 gleichzusetzen. Die Note 1 in den Arbeitszeugnis-Formulierungen ergibt sich bei der Abschlussformulierung, wenn neben dem Bedauern auch die erfolgreichen Leistungen hervorgehoben werden.

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