Elektronikerin erzählt: So ist es als Frau in MINT-Berufen

von Stefan Hofer

Mikroskop, Kamera und Messgeräte: So sieht Anna Paczullas rockiger Arbeitsalltag aus, der beiläufig von Gitarrenklängen aus dem Labor-Radio begleitet wird. Es wirkt, als hätte die 20-jährige Nürnbergerin bei ME2, dem Dienstleistungsanalyselabor der NEUMÜLLER Unternehmensgruppe, ihr berufliches Wohnzimmer gefunden. Mit uns spricht die Elektronikerin über ihr von Männern dominiertes Arbeitsterrain und erzählt, wie die Kollegen mit ihr umgehen – ein Interview.

Anna Paczulla (20) aus Nürnberg hat ihre Ausbildung zur Elektronikerin für Geräte und Systeme abgeschlossen und sich im August 2019 „ME2“, einem Dienstleistungsanalyselabor der NEUMÜLLER Unternehmensgruppe, angeschlossen.

Hallo Anna, wie oft hast du den Spruch „Frauen und Technik“ schon gehört?

Anna Paczulla: Sehr oft (lacht)

Und trotzdem hast du den Schritt in die Männerdomäne MINT (Mathematik, Ingenieure, Naturwissenschaften, Technik) gewagt. Was gefällt dir so daran?

Paczulla: Ich mag es, perfektionistisch zu arbeiten. In meinem Beruf muss man sehr gewissenhaft sein, um selbst den kleinsten Fehler zu erkennen. Außerdem ist das ein guter Kontrast zu meinem Privatleben.

„MINT ist mir auch privat wichtig“

Wieso das, bist du dort völlig anders?

Paczulla: Ich habe einen 3-D-Drucker zuhause und wende auch dort mein Wissen als Elektronikerin an. MINT ist also auch in meinem Privatleben wichtig. Allerdings bin ich auch ein sehr kreativer Mensch. Ich bastle viel, nähe gerne und mache Cosplay. Eine wichtige Rolle spielt auch die Musik. Ich singe und habe Auftritte. Das ist ein guter Kontrast.

Und diesen Drang nach Perfektionismus kannst du bei uns ausleben?

Paczulla: Ja. Ich habe mir bewusst einen Job gesucht, der mir wieder Freude bereitet. Ich war zuvor bei einem Großkonzern in der Industrie. Die Fließbandarbeit war mir zu monoton. Ich möchte meinen Kopf anstrengen und mein Wissen umsetzen. Das zu realisieren, habe ich hier geschafft.

Beschreib uns doch mal deinen Aufgabenbereich.

Paczulla: Zuletzt war ich mit einem Inverter von einem externen Kunden beschäftigt. Diese wandeln die Gleichspannung von der Batterie in eine Wechselspannung für die Motoren um. Heißt im Endeffekt: Die müssen einiges aushalten. Wir bekommen diese Geräte und überprüfen sie auf ihre Funktionalität und Mängel, bauen Sie nach Vorlage auseinander und testen. Dann kommunizieren wir mit dem Kunden.

Du arbeitest jetzt seit fünf Wochen bei ME2. Wie ist dein erster Eindruck?

Paczulla: Mir war das bei meiner vorherigen Firma zu unpersönlich, darum habe ich mir bewusst einen kleineren Betrieb ausgesucht. Der Umgang hier ist viel offener, es war von Anfang an ein gutes Miteinander. Es wird immer auf den anderen geschaut. Das sind Dinge, die mir einfach wichtig sind. Ich muss mich einfach wohlfühlen und Spaß haben. So geht man automatisch mit mehr Elan in die Arbeit.

Darum braucht es Frauen-Power bei Ingenieuren

Und wie kommst du mit deinen drei männlichen Kollegen aus?

Paczulla: Sehr gut. Ich finde es sogar angenehmer mit Männern zusammenarbeiten. Die machen sich oft nicht so viele Gedanken. Der Blödsinn kommt auch nicht zu kurz und es ist sehr angenehm mit den Jungs hier.

Braucht es dann überhaupt Frauen in der MINT-Branche?

Paczulla: Definitiv, das auf jeden Fall. Ich denke die Mischung macht‘s. Wobei die Männer natürlich die Leistung der Frau auch anerkennen müssen. Ich finde, dass Frauen in manchen Dingen ein wenig genauer und feinfühliger sind. Zum Beispiel im SMD-Löten (Surface Mounted Device). Da habe ich schon mitbekommen, dass viele Jungs einfach zu grobmotorisch waren.

Aber trotzdem waren laut der Bundesagentur für Arbeit 2018 nur etwas mehr als 15 Prozent der MINT-Berufe von Frauen besetzt. Welche Gründe hat das deiner Meinung nach?

Paczulla: Ich denke das generelle Interesse ist da. Wir hatten viele Mädels zum Beispiel im technischen Zweig an der Schule. Viele verbinden mit dem Ingenieurberuf vielleicht Langeweile oder stellen sich ein zu hohes Maß an Handwerksarbeit vor. Dem ist aber nicht so. Möglicherweise schrecken einige auch vor dem hohen Männeranteil zurück.

Aus Angst vor dummen Sprüchen?

Paczulla: Vielleicht. Das hatte ich ein aber nur einziges Mal bislang, dass mich ein männlicher Kollege ein wenig von oben herab behandelt hat. Das hat aber weniger mit dem Geschlecht und mehr mit der geringen Berufserfahrung zu tun gehabt, denke ich. Und selbst, wenn das mal passieren sollte: Dann muss man als Frau eben mal seinen Mann stehen, wie es so schön heißt.

Was rätst du also Frauen, die eine MINT-Karriere in Betracht ziehen?

Paczulla: Es ist ein toller Beruf. Man sieht am Ende des Tages, was man geleistet hat. Ich verstehe nicht, warum viele Frauen sich davon nicht angesprochen fühlen. Elektroniker oder generell Ingenieure sind sehr angesehen, es herrscht Bedarf und hat Zukunft. Ich möchte unbedingt meinen Ausbilderschein machen, da es kaum weibliche Ausbilderinnen gibt. Das würde mir Spaß machen und vielleicht könnte ich so auch den weiblichen Nachwuchs motivieren.

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Tags

Beruf, Frauen, Ingenieur, Job, MINT

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