Gehaltsverhandlung: Die wichtigsten Tipps für mehr Gehalt

von Stefan Hofer

„Im Berufsleben verhandeln wir rund um die Uhr. Wohin gehen wir mit den Kollegen zum Mittagessen? Wie überzeuge ich meinen Vorgesetzten von meinen Ideen? Wie bekomme ich mehr Projektbudget vom Abteilungsleiter? Doch geht es darum, das eigene Gehalt zu verhandeln, breitet sich oft ein ungutes Gefühl in der Magengrube aus. Beim Feilschen um den eigenen „Wert“ fühlen wir uns häufig unterlegen. Wir haben Angst. Dass diese Angst viel mit unserer augenscheinlichen Machtlosigkeit zu tun hat, ist uns oft nicht bewusst. Für die nächste Gehaltsverhandlung gilt es daher, unsere eigene Machtposition zu stärken. Wie das gelingt, zeigen wir in den nachfolgenden Tipps. 



Alles eine Frage der Macht?

Sie wollen Ihr Gehalt neu verhandeln? Dann stellen Sie sich im ersten Schritt immer zuerst die Frage: Wer hat mehr Macht in der Gehaltsverhandlung, Sie oder Ihr Arbeitgeber? Denn die Machtfrage ist entscheidend, ob Sie das Verhandlungsgespräch erfolgreich meistern können.

Sehr wahrscheinlich sehen Sie sich erst mal als den Machtunterlegenen und schieben sich die Außenseiterrolle zu. Das behauptet zumindest „Verhandlungs-Papst“ Prof. Dr. Jack Nasher. Er mutmaßt: Rund 80 Prozent der Menschen gehen davon aus, dass ihr Gegenüber machtvoller sei als sie selbst. Doch warum?

Vor der Verhandlung setzen wir uns vermehrt mit der eigenen Position auseinander. Wir beschäftigen uns mit den eigenen Zielen, Bedürfnissen oder Ängsten. Gleichzeitig geben wir so unserem Verhandlungspartner die Macht, diese Wünsche zu erfüllen oder eben nicht. Der Fehler liegt quasi in unserer „falschen“ Betrachtungsweise. Machen Sie sich daher bewusst, welche Macht Sie ganz konkret in der Verhandlung ausspielen können. 

Das Bild zeigt Schachfiguren und verdeutlicht, dass Sie in der Gehaltsverhandlung Hierarchien auflösen sollen.

1.  Schätzen Sie ein: Wie sieht Ihre eigene Machtposition für das Gehaltsgespräch aus? 

Setzen Sie sich dazu im ersten Schritt mit folgenden Fragen auseinander:

  1. Was haben Sie, was das Unternehmen benötigt?
  2. Worauf haben Sie Einfluss / auf welche Ängste Ihres Gegenübers können Sie einwirken?

Nehmen Sie sich dazu die Machtbasistheorie der Sozialpsychologen John French und Bertram Raven zu Hilfe. Sie lässt sich gut auf Gehaltsverhandlungen im Berufsleben übertragen:

Machtbasis Beschreibung
Legitime Macht Macht von Vorgesetzten aufgrund der Position. Diese Person hat das Recht, Entscheidungen über andere Personen zu treffen.
Macht durch Belohnung Eine Person hat die Fähigkeit, eine andere Person materiell (z. B. über das Gehalt) oder immateriell (z. B. durch Lob) zu belohnen.
Macht durch Zwang Eine Person kann auf eine andere Person negativen Einfluss ausüben, z. B. durch Kündigung.
Macht durch Identifikation Der Machtausübende kann Emotionen, Ziele oder Absichten von Personen beeinflussen. Die Macht basiert auf dem Charisma und sozialen Fähigkeiten einer Person, z. B. aufgrund von Sympathie, Ausstrahlung, Vorbildfunktion.
Macht durch Wissen Diese Macht ergibt sich aus den Fähigkeiten und der Expertise einer Person – und welchen Bedarf ein Unternehmen daran hat. Diese Macht ist sehr spezifisch und beschränkt sich auf das Fachgebiet einer Person.

Was haben Sie, was das Unternehmen benötigt?

Expertise und Erfolge: Starke Argumente für eine Gehaltserhöhung

Anhand der Tabelle lässt sich leicht erkennen, dass Sie als Arbeitnehmer keine direkte Macht über die Aspekte Legitimität oder Belohnung haben. Eines der stärksten Argumente für mehr Gehalt bildet somit die Wissensmacht. Im Verhandlungsgespräch sollten Sie deshalb aufzeigen: Was benötigt das Unternehmen – und warum genau Sie über diese benötigten Qualifikationen verfügen. Dies gelingt indem Sie:

  • Ihre fachliche Qualifikation hervorheben
  • Ihre Wertschätzung unter Kollegen zum Ausdruck bringen
  • Über Ihre mehrjährige Berufserfahrung im Unternehmen sprechen
  • Erfolge seit Ihrem Dienstantritt mit Zahlen oder Projekten belegen
  • sich mit Mitarbeiterstimmen über Ihre Person stärken.

Kunst der Gehaltsverhandlung: Schwächen Sie die Gegenseite

Kunst der Gehaltsverhandlung: Schwächen Sie die Gegenseite

Kehren Sie nun die Frage nach der Angst um. Beschäftigen Sie sich mit der Rolle Ihres Gegenübers. Die zentrale Frage lautet hierbei: Welche Ängste hat dieser möglicherweise? Notieren Sie sich wahrscheinliche Sorgen, Motive und Gefühle. 

Bedenken Ihres Gegenübers können beispielsweise sein:

  • Sie als einen qualifizierten, kompetenten und loyalen Mitarbeiter zu verlieren (Macht durch Wissen).
  • Es kommen Kosten und Aufwand auf das Unternehmen zu, weil eine Nachfolge gesucht werden muss (Macht durch Zwang).
  • Der Unternehmenserfolg sinkt, weil Sie unzufrieden sind oder kündigen (Macht durch Wissen).
  • Das Betriebsklima nimmt Schaden (Macht durch Identifikation).
  • Ihr Verhandlungspartner muss sich für Ihre Gehaltserhöhung vor der Geschäftsführung verantworten (Legitime Macht durch Geschäftsführer/übergestellter Person des Verhandlungspartners).
  • Andere Mitarbeiter könnten nachziehen und ebenso über ihr Gehalt verhandeln wollen (Macht durch Identifikation).

Die möglichen Bedenken Ihres Gegenübers liefern Ihnen wichtige Anhaltspunkte, um Ihre Argumente für das anstehende Gespräch entsprechend vorzubereiten. Formulieren Sie Ihre Argumente also so, dass Sie die Sorgen Ihres Verhandlungspartners auffangen. Fühlt sich der andere verstanden, verhandeln Sie erfolgreicher und setzen Ihre Ziele eher durch.

Gleichzeitig stärkt es Ihr Selbstbewusstsein, wenn Sie sich mit den Interessen Ihres Gegenübers auseinandersetzen. Es fällt Ihnen leichter, die Gehaltsverhandlung als ein Gespräch auf Augenhöhe zu betrachten, anstatt in der vermeintlichen Rolle des Unterlegenen in die Verhandlung zu starten.

Drei Menschen diskutieren an einem Tisch. Vielleicht geht es um eine Gehaltsverhandlung.

 2. Stärken Sie Ihre Machtposition für die nächste Gehaltsverhandlung

Nun gilt es, das eigentliche Verhandlungsgespräch zu führen. Finden Sie hier die richtige Sprache, bauen Sie Ihre Argumente sinnvoll auf – und bereiten Sie sich auf Gegenargumente vor, die Ihre Verhandlungsmacht schwächen könnten: 

1. Halten Sie machtvolle Informationen geheim

Weiß der Verhandlungspartner, dass Sie unter keinen Umständen wechseln wollen? Oder ist er sich bewusst, dass Sie unter Zeitdruck stehen, da Sie bald ein großes Bauprojekt koordinieren werden? Solche Informationen sollten Sie falls möglich für sich behalten. Überprüfen Sie also, ob und welche Gegenargumente Ihr Verhandlungspartner aufbringen könnte, um Ihnen eine Gehaltsaufstockung schlecht zu reden. Das können etwa Umsatzeinbußen, gescheiterte Projekte oder mangelnde Leistung sein.

2. Wählen Sie die richtige Verhandlungssprache

Sprechen Sie von „wir“, nicht nur in der Ich-Form. Das Unternehmen ist in der Verhandlung vor allem am Nutzen für die Organisation (z. B. Umsatzsteigerung) und weniger an Ihrem Vorteil (z. B. Wertschätzung) interessiert.

3. Wickeln Sie Ihren Verhandlungspartner ein

Versuchen Sie Fragen zu stellen, die der Verhandlungspartner nur bejahen kann. Mit dem Prinzip der sogenannten Ja-Leiter erhöhen Sie Ihre Chancen auf die Gehaltserhöhung. Denn je häufiger eine Person Ja sagt, desto schwerer wird es für diese Nein zu sagen.

4. Strukturieren Sie Ihre Argumente 

Formulieren Sie starke Argumente einfach und knapp. So entfalten sie Ihre Wirkung am besten. Besonders Pausen verstärken diesen Effekt beim Gesprächspartner. 

Sparen Sie sich Ihr bestes Argument für den Schluss auf. Dieses bleibt beim Gegenüber am stärksten im Gedächtnis. Sollten Sie in der ersten Verhandlung nicht zu einer Übereinkunft kommen, kann dieses Argument Ihre Position in der nächsten Verhandlung deutlich stärken.

5. Schaffen Sie Alternativen 

Sie haben sich ein klares Ziel für die Verhandlung gesetzt: Die Erhöhung Ihres Stundenlohnes. Doch pochen Sie nicht unbedingt nur auf dieses eine Ziel. Bereiten Sie einen Plan B – sprich weitere Optionen vor. Etwa indem Sie anbieten, alternativ auch mit einem Jahresbonus für Ihre erreichte Leistung zufrieden zu sein. Diese Flexibilität kann Ihr Gegenüber verunsichern und lässt Sie überzeugender wirken. 

Über Ihr Gehalt können Sie auch zuerst mit dem Personaler verhandeln, ehe Sie um einen Termin beim Geschäftsführer bitten. Überlegen Sie, ob Sie Ihre Machtposition mit einem Angebot einer anderen Firma unterstreichen können und wollen.

6. Machen Sie nie das erste Angebot

Preschen Sie nicht zu Beginn des Gesprächs mit einer konkreten Zahl nach vorne. Stellt Ihr Gegenüber diese Frage zum Verhandlungsstart, antworten Sie ohne einen Betrag zu nennen: „Mein Gehalt sollte meiner Qualifikation und meiner Erfahrung, von der das Unternehmen profitiert, gerecht werden.“ Danach führen Sie Ihre ersten Argumente an. Versuchen Sie immer so zu verhandeln, dass Ihr Gegenüber die erste Zahl nennt. 

Grundsätzlich sollten Sie sich aber realistische Erwartungen setzen. Behalten Sie im Hinterkopf: Bei einer Beförderung oder einem neuen Aufgabengebiet sind 10 bis 15 Prozent drin. Hat sich an Ihrer Qualifikation oder Position nichts geändert, sind etwa 5 bis 7 Prozent realistisch, sofern Sie fundierte Argumente angeben können. 

7. Verhandeln mit dem neuen Arbeitgeber: Nennen Sie eine Spanne

Verhandeln Sie mit einem neuen Arbeitgeber, verraten Sie nicht, was Sie bei bisherigen Unternehmen verdient haben. Nennen Sie statt einer konkreten Zahl einen Bereich: „Ich liege mit meinem Gehalt branchenüblich bei 40.000 bis 50.000 Euro, habe jedoch auch noch Zusatzleistungen in Anspruch genommen.“

Selbstsicherheit schafft Macht 

Unterschätzen Sie nie die eigene Selbstsicherheit als wichtiges Machtmittel in Gehaltsverhandlungen. Wenn Sie selbst nicht daran glauben, nach dem Gespräch mit einem satteren Gehaltsscheck nach Hause zu gehen, wieso sollte es dann Ihr Gegenüber tun? Indem Sie sich im Vorfeld stichhaltige Argumente überlegen und Alternativen schaffen, geben Sie sich selbst ein Gefühl von Sicherheit. Glauben Sie an Ihre Fähigkeiten. Ihr Gegenüber merkt schnell, wenn Sie selbst an Ihren Thesen zweifeln – und hat so ein leichtes Spiel, Ihren Vorschlag abzulehnen.

Newsletter abonnieren

Sie möchten Ihre berufliche Zukunft aktiv gestalten? Dann profitieren Sie vom Insiderwissen der NEUMÜLLER Unternehmensgruppe.

Tags

{"email":"Email address invalid","url":"Website address invalid","required":"Required field missing"}

Das könnte Sie auch interessieren


>